Das Ärgernis des Katholizismus

Die Kritik der Medien. Als vor einigen Jahren mehrere Fälle sexuellen Missbrauchs von Kindern durch manche Priester der breiten Öffentlichkeit bekannt wurden, wurde ja in unseren Medien und in der Gesellschaft eine richtige Lawine der Empörung gegen das betreffende furchtbare Verbrechen losgetreten. Selbstverständlich müssen die betreffenden perversen Gestalten, die sich an Kindern vergreifen, sachlich ermittelt und zur Anzeige gebracht werden. Zweifelsohne müssen die Täter auch ihrer gerechten Strafe zugeführt werden. Denn das Trauma und der seelische Schaden, welche dadurch in den unschuldigen Kinderseelen verursacht werden, können letztendlich auch durch kein Geld der Welt aufgewogen und kompensiert werden. Jeder gesund denkende Mensch wird von Ekel erfüllt beim Denken an solche Fälle.
Allerdings musste und muss in diesem Zusammenhang auch die Tatsache sauer aufstoßen, dass man in den Medien nicht selten alles andere als sachlich an diese ganze Angelegenheit herangegangen ist. Denn allzu schnell und ohne eine hinreichende sachliche Überprüfung sind schlimme Verdächtigungen gegen so manche Priester ausgesprochen und publiziert worden - bisweilen genügte dafür nur ein Wort übler Verdächtigung. So war man in machen Fällen zwar bereit, eine als katholischer Priester in Erscheinung tretende Person anzuschwärzen, dafür aber extrem langsam und unwillig, dieselbe Person entsprechend zu rehabilitieren, falls nach einer gewissenhaften Überprüfung der Sachlage deren Unschuld zu Tage getreten ist. Eine große Schlagzeile also auf der Titelseite bereits bei der ersten Äußerung eines Verdachts - im besten Fall eine kleine Zeile weiter hinten, wenn überhaupt (!), falls sich dieselbe Person trotz der Anschuldigungen nichts hat zuschulden kommen lassen. Dadurch ist übrigens auch manch ein guter Ruf ruiniert und manch eine Existenz zerstört worden...
Dabei hat man sich seitens der verantwortlichen Medienleute in der Regel auch kaum die Mühe gemacht festzustellen, was nämlich alle serösen Studien beweisen, dass der Prozentsatz der Leute, die sexuellen Missbrauch von Kindern betrieben haben, unter den katholischen Priestern ums mehrfache (bis über das Dreißigfache!) niedriger liegt im Vergleich zu der männlichen Bevölkerung generell in unseren Landen! Und dass man sich dann seitens der Medien absurderweise auf die Zölibatsverpflichtung der katholischen Priester als die angebliche Ursache für jenen sexuellen Missbrauch von Minderjährigen durch Priester eingeschossen hatte, zeigt umso deutlicher an, dass es demselben Personenkreis wohl kaum um die sachliche Aufarbeitung eines nennenswerten Problems in unserer Gesellschaft geht, sondern lediglich um billige Polemik auf Kosten des Katholizismus als solchen!
So fällt es ja auch manchen Nichtkatholiken auf, dass es inzwischen bereits zur großen Mode in unseren Breitengraden geworden ist, den Katholizismus praktisch pauschal zu kritisieren und für so manche Übel in Gegenwart und Vergangenheit verantwortlich zu machen. Diese die tatsächlichen historischen bzw. gesellschaftlichen Realitäten ignorierende Unsachlichkeit bzw. einseitige Polemik erinnert bisweilen sehr stark an Ideologien mancher totalitärer Staaten, in welchen ausschließlich die andere, gegnerische Seite für alles Übel der Welt verantwortlich gemacht wurde. Die geistig-religiös weniger gebildeten Bevölkerungsschichten hören immer nur, wie schlimm und unmenschlich denn die katholische Kirche mit ihrer Lehre sei ...und fühlen sich dann leider ebenfalls “qualifiziert”, auf ihr plump und unqualifiziert “herumzuhacken”.
Da kann man sich kaum des Eindrucks erwehren, dass eine solche sehr wohl beabsichtigte Diskreditierung des Katholizismus fast schon systematisch betrieben werde. Denn wie sonst könnte es das seltsame Phänomen geben, dass man zwar sehr willig ist, die katholische Kirche als solche auf allen Medienebenen zu kritisieren, dagegen aber extrem zurückhaltend, wenn es z.B. darum geht, ihre historischen Leistungen im Hinblick auf den europäischen bzw. gesamten westliches Kulturkreis anerkennend zur Sprache zu bringen geschweige denn gebührend hervorzuheben?
Oder wie kann es sein, dass man mit großem “Fleiß” an dieser oder jener Haltung oder Entscheidung der katholischen Kirche “herummeckert”, dabei aber den Mantel des hartnäckigen Schweigens über den Umstand deckt, dass die Kirche dadurch für einige der fundamentalen Werte eintritt, die von entscheidender Bedeutung sind für das Zusammenleben in einer humanen Gesellschaft und auf welche so sonst kaum jemand hinweist? Vielleicht ist die Kritiksucht der heutigen liberalen Medien am Katholizismus gerade damit zu erklären, dass dieselben Medien leider nicht so selten auch selbst auf einigen solcher Werte “herum trampeln”.
Das Übel der Abtreibung. So wirft man der katholischen Kirche als solcher1 gern vor, sie würde mit ihrer Weigerung, die Abtreibung in ihrer Legitimität anzuerkennen, die Frauen diskriminieren. Denn die Schwangerschaft betreffe ja in erster Linie die Frau zentral - sie habe daher ein Recht zu entscheiden, ob sie das Kind austragen oder die Schwangerschaft eben abbrechen möchte, wie es im entsprechenden Sprachjargon heißt. Und wer ihr dieses so genannte Recht auf den eigenen Leib abspreche, der achte und respektiere sie nicht genug, sondern übe dadurch sogar einen unzulässigen psychischen Druck auf sie aus - das sei eben unanständig.
Nun, man kann die Sache drehen und wenden wie man will. Ein entscheidender Umstand bleibt dabei leider unberücksichtigt - das fundamentale und alle anderen sozialen oder gesellschaftlichen Interessen letztendlich doch unterordnende Lebensrecht des Kindes! Davon wird in diesem System überhaupt nicht geredet! Mit der Befruchtung der Eizelle entsteht menschliches Leben, welches vollwertig ist, sprich ein Mensch ist! Denn wer wollte sich wirklich anmaßen zu bestimmen, dass der Fötus z.B. erst ab der 12., 18. oder 30. Schwangerschaftswoche ein menschliches Wesen sei bzw. erst mit dem Erblicken des Lichtes dieser Welt ein Lebensrecht erhalte! Es gibt keinen logischen und somit moralisch-legitimen Grund, den Beginn des menschlichen Lebens zeitlich anders anzusetzen, als auf das Verschmelzen einer männlichen Spermazelle mit einer weiblichen Eizelle!
Und indem der (genuine) Katholizismus vehement und unmissverständlich für dieses Lebensrecht des Kindes eintritt und es allen anderen Interessen voranstellt, tritt er für die echte Humanität ein bzw. wehrt den Anfängen - einer jeglichen Relativierung des menschlichen Lebens! Welche sonstige gesellschaftliche Gruppe setzt sich denn im nennenswerten Umfang für das Lebensrecht der ungeborenen Kinder ein und lehnt die Abtreibung kategorisch ab?
Soll doch unsere liberale Gesellschaft den Katholizismus dafür kritisieren, dass er seine Stimme für diese Unschuldigsten unserer menschlichen Gesellschaft erhebt - wir dürfen letztendlich sogar stolz sein, dass wir, die Katholiken, dafür sozusagen “Prügel kassieren”! Wenigstens weist da jemand mit dem Finger auf das große Übel hin, welches die Abtreibung trotz aller möglichen Diskussionen darstellt - Tötung von menschlichem Leben, welche letztendlich durch keine soziale oder sonstige Indikation gerechtfertigt werden kann! Denn wenn erst der Damm bricht, dann darf man sich nicht wundern, wenn die Lawine noch mehr an moralischen Werten niederreißt!
Bezeichnenderweise “darf” man zur Zeit in Deutschland und einigen anderen Ländern auch schon jene Kinder nach der 12. Schwangerschaftswoche abtreiben (bis zu welchem Zeitpunkt nach deutscher Gesetzgebung die Abtreibung zwar illegal sei aber dennoch straffrei bleibe), die das Down-Syndrom haben oder sonst irgendwie nennenswert behindert sind. Nennt sich das “human” oder “tolerant”? Welche Signale in Bezug auf den Wert des menschlichen Lebens sendet denn unsere Gesellschaft dadurch - auch und gerade an die Adresse der eigenen Jugend - aus? Darf man sich dann wirklich wundern, wenn diese Jugend auf der Grundlage eines solchen Anschauungsbeispiels irgendwann auf den Gedanken kommen sollte, dass man nun auch die älteren bzw. senilen oder an Alzheimer erkrankten Herrschaften ins Jenseits befördern “dürfe”, um der Gesellschaft auch eben unnötige finanzielle Belastungen zu ersparen!
Und welche Gruppe wird nach den Kindern mit Down-Syndrom als “lebensunwert” deklariert werden? Etwa die Mädchen (in Ländern, in welchen ein Junge aus kulturell-religiösen Gründen wesentlich mehr zu zählen scheint als ein Mädchen), wie jetzt schon in Indien und China? Oder die, die nach einer Gen-Untersuchung im Mutterleib einer solchen Menschengruppe zugeordnet würden, bei welcher etwa bereits vor dem 70., 60. oder auch schon vor dem 50. Geburtstag mit gewisser Wahrscheinlichkeit ein Herzinfarkt kommen würde oder die sonst irgendwie eine Veranlagung für Krebs oder eine der sonstigen Krankheiten haben? Wo ist das Ende einer solchen geradezu menschenverachtenden Selektion des Lebens anzusetzen? Daher kann die betreffende Leistung der Katholischen Kirche nicht als hoch genug für die Gesellschaft eingestuft werden, wenn sie sich für das Lebensrecht eines jeden Menschen einsetzend gegen das Furchtbare der Abtreibung ausspricht!
Unauflöslichkeit der Ehe. Ähnlicherweise sei die Kirche in den Augen der Medien “altmodisch”, weil sie sich für die Unauflöslichkeit der Ehe und somit u.a. auch gegen jegliche Art der ehelichen Untreue ausspricht. Es gebe heute halt mehrere Lebensmodelle bzw. -entwürfe, weshalb es einem modernen Menschen nicht mehr zuzumuten sei, immer nur mit einem Menschen verheiratet zu sein und somit auch nur mit dem eigenen Ehegatten geschlechtliche Beziehung zu haben.
So gelten ja in unserer “modernen” Gesellschaft inzwischen nicht nur die Ehescheidung und die (wiederholte) Wiederverheiratung (Geschiedener) und das Zusammenleben ohne Trauschein zum guten Ton. Häufiger Partnerwechsel, das Fremdgehen und Besuche bei Prostituierten o.ä. “erfreuen” sich ja heutzutage ebenfalls der gesellschaftlichen Anerkennung. “Spießig”, wer sich dagegen ausspricht und einer restriktiveren Sexualmoral das Wort spricht! Und richtig “unmenschlich” sei halt v.a. die katholische Kirche, weil sie all das als Sünde bezeichnet und die Menschen mit einer Definition der Ehe konfrontiere, welche längst überholt sei.
Obwohl man also angeblich sehr am Menschen, an seinem Wohlergehen und seinen Sehnsüchten interessiert sei, bleibt bei den liberalen Meinungsmachern seltsamerweise ein ganzes Bündel von schwerwiegenden Problemen unerwähnt, welche sich praktisch direkt aus ihrer entsprechenden liberalen Sicht der Dinge ergeben und letztendlich doch auch eine nicht unbedeutsame Belastung für die betroffenen Menschen selbst bedeuten.
So sehnt sich ja der Mensch wesentlich nach Liebe, was wohl niemand bestreiten wird. Und wie definiert man eigentlich den Begriff “Liebe”? Ist es eine eher oberflächige Verliebtheit bzw. Zuneigung, die ihren Ausdruck hauptsächlich und überwiegend in gegenseitigen sexuellen Handlungen finden soll? Oder hat man unter “Liebe” vordergründig eine ganzheitliche seelisch-geistige Lebensgemeinschaft zu sehen, welche sich auch in verschiedenen Schwierigkeiten des Lebens und bei Differenzen bewähren soll, was dann zu einer noch tieferen Verbundenheit des betreffenden Paares führen wird?
Wenn die Ehe oder so genannte “Partnerschaft” nur als eine zeitlich begrenzte Lebensgemeinschaft intendiert wird, verlangt man ja von den betreffenden Menschen nicht unbedingt, dass sie in jeder Lebenslage zueinander halten. Und wer aber nicht angehalten wird, sich im Falle eines ernsten Konfliktes bzw. einer gewichtigen Meinungsverschiedenheit auch zu einem Kompromiss durchzuringen, der wird - psychologisch gesehen - auch nicht so um die Ehe kämpfen wie jemand, dem bewusst ist, dass die Lösung des Problems nur im gegenseitigen Aufeinander-Zugehen bestehe. Denn nach der liberalen Auffassung der Ehe bzw. “Partnerschaft” sei jederzeit auch ein gänzlicher “Ausstieg” möglich bzw. ein Wechsel des Partners - letztendlich aus welchem Grund auch immer.
Indem aber die katholische Kirche die Unauflöslichkeit der Ehe predigt, veranlasst sie die Menschen, sowohl die Ehe selbst als eine sehr ernsthafte Angelegenheit anzusehen, als auch, sich insofern gegenseitig genügend zu prüfen, um das gegenseitige, ganzheitliche und uneingeschränkte “Ja” zueinander sprechen zu können. Der Mensch soll angeleitet werden, sein Wort bzw. Eheversprechen entsprechend ernst zu nehmen und es weder zeitlich noch sonst irgendwie einschränken zu lassen! Denn es ist schon ein gewaltiger Unterschied, ob jemand die Ehe mit der Intention eingeht, eine lebenslange Beziehung zu hegen und zu pflegen, oder sie lediglich als eine Angelegenheit für einen gewissen Lebensabschnitt betrachtet.
Wie soll aber ein seriöses Verantwortungsbewusstsein in unserer Gesellschaft entstehen, wenn man praktisch ohne weiteres “berechtigt” wird, das Eheversprechen und somit die Verpflichtung zur ganzheitlichen Lebensgemeinschaft entweder durch eine Scheidung oder durch welche Art von Untreue auch immer nicht ernst zu nehmen? Öffnen denn die liberalen Sexualvorstellungen nicht weitere Abgründe und verführen somit nicht wenige unserer Zeitgenossen zu Verhaltensweisen, die zunächst auch ihnen selbst viel Leid, Schmerz und Enttäuschung verursachen?
Und wo wird in unseren Medien (entsprechend hinreichend) darauf hingewiesen bzw. davor gewarnt, wie viele teilweise sogar psychische Probleme auch bei Kindern entstehen, wenn sich ihre Eltern scheiden lassen? Denn ein Kind ist wesentlich darauf angewiesen, sowohl die ganze Liebe einer Mutter als auch die eines Vaters zu empfangen. Wenn man ernsthaft berücksichtigt, wie viel Leid das Auseinandergehen der Eltern für deren Kinder bedeutet, muss man eigentlich umso mehr der katholischen Kirche wegen ihrer Lehre von der Unauflöslichkeit der Ehe dankbar sein. Denn auch insgesamt betrachtet entsteht in einer jeden Gesellschaft eine ganze Reihe von gewichtigen Folgeproblemen, wo der Prozentsatz von intakten Familien abnimmt und die Zahl von gebrochenen Seelen - unter Älter und Jünger - zunimmt! Ob man sich da weiterhin so leichtsinnig für die Ehescheidung aussprechen soll bzw. in verantwortungsloser Weise die heutigen sexuellen “Freiheiten” anpreisen darf...
Somit tut die katholische Kirche sowohl mit ihrem generellen Eintreten für die Ehe und die eheliche Treue als auch mit ihrer Ablehnung der Ehescheidung einen großen Dienst an unserer Gesellschaft, auch wenn dies von vielen unserer Zeitgenossen nicht gesehen werden will. Auf die längere Frist wird unsere Gesellschaft schon noch mit einer solchen Art von Wertverlust konfrontiert werden, dass wir uns nach den alten Idealen sehnen werden. Wer nicht blind ist, merkt dies auch schon heute.
Absolutheitsanspruch. Ein weiterer Vorwurf, der heute gern in Richtung der katholischen Kirche erhoben wird, ist, dass sie den Absolutheitsanspruch erhebt und somit sowohl die christliche Religion über alle anderen Religionen stelle als auch alle anderen christlichen “Kirchen” keinesfalls als dem Katholizismus ebenbürtig betrachte. Es sei halt arrogant zu meinen, die anderen Menschen, ob nun Moslems, Juden, Buddhisten o.ä. kämen nicht ebenfalls auf die jeweils eigene Weise so etwas wie Gott nahe, bzw. überheblich anzunehmen, die Lutheraner, Baptisten, Zeugen Jehovas usw. würden nicht ebenfalls der “christlichen Kirche” angehören.
Hinter allen diesen Vorwürfen verbirgt sich letztendlich eine Grundidee, wonach es keine absolute und somit für alle Menschen und zu jeder Zeit gleichermaßen geltende Wahrheit gebe. Das weit verbreitete “Dogma” ist, dass die Wahrheit an sich relativ sei. Sowohl die modernen Philosophien als auch die modernistische Theologie stimmen praktisch darin überein, dass jeder Mensch seine persönliche und jede gesellschaftliche Gruppe ihre eigene “Wahrheit” finden und vertreten dürfe. Daher sei es halt ziemlich “respektlos” seitens des Katholizismus bzw. Ausdruck eines verächtlichen Denkens, allen anderen christlichen Konfessionen bzw. den sämtlichen nichtchristlichen Religionen das Prädikat “wahr” abzusprechen! Somit würde man nur die Andersdenkenden “diskriminieren”, was doch wohl unchristlich sei.
Nun, es ist ziemlich leicht, die Absurdität solcher Argumente bzw. die Verlogenheit dieser ganzen antikatholischen Propaganda zu durchschauen. Denn jeder Mensch beansprucht bei jedem Satz, den er spricht, grundsätzlich die Wahrheit. Man erhebt ganz natürlich und wie selbstverständlich den Anspruch, dass es halt wahr sei, was man gerade sage. Wenn man das nicht wollte, müsste man den Mund halten. Auch im Falle einer Frage oder eines Zweifels, wenn einem nämlich etwas noch nicht klar sein soll, signalisiert man ja dadurch ebenfalls, dass man sehr wohl die Wahrheit herausfinden wolle. Sogar der Mensch, der gerade wissentlich lügt, sagt ja nicht, dass er lüge, sondern will die anderen davon “überzeugen”, dass er sehr wohl die Wahrheit sage.
Also streben wir alle nach der Erkenntnis der Wahrheit - das ist die natürliche Grundstruktur unseres Denkens und somit unseres Daseins! Allein deshalb schon ist es verkehrt, irgend jemand wie auch immer zu kriminalisieren, nur weil er sagt, dass es eine allgemein verbindliche Wahrheit gebe und er danach strebe, sie zu erkennen! Denn sogar der, der sagt, dass die Wahrheit relativ sei und somit für alle Menschen sogar komplett verschieden sein könne, behauptet ja mit denselben Worten, dass der Inhalt seines Satzes von der angeblichen Relativität der Wahrheit sehr wohl für alle Menschen und zu jeder Zeit gelten solle. Also drückt er mit seinen entsprechenden Worten aus, dass wenigstens seine Behauptung, die Wahrheit sei relativ, Anspruch auf allgemeine Geltung erhebe und somit absolut - und eben keinesfalls verhandelbar - sei!
Damit widerspricht er aber auf eine markante Weise seinem eigenen Postulat von der Veränderlichkeit und Relativität der Wahrheit und gibt selbst zu, dass wir uns alle allein durch unsere Fähigkeit zu denken auf der Suche nach einer zu jeder Zeit und für alle Menschen geltenden, d.h. absoluten Wahrheit befinden - ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht! Zwar hat der Mensch, der diese Erkenntnis vollzieht, noch nicht automatisch die Wahrheit selbst erkannt, aber er muss jede Behauptung als unwahr klassifizieren, die die Wahrheit grundsätzlich als relativ darstellen möchte und somit die Absolutheit der Wahrheit als solcher leugnet.
Indem also die katholische Kirche die Absolutheit der Wahrheit als solcher predigt, unterstreicht sie zunächst einmal die Notwendigkeit für einen jeden Menschen, sich auf die Suche nach der absoluten Wahrheit zu begeben. Denn auf diese Weise beugt sie der Willkür in moralischen Fragen vor, welche sich ja notwendigerweise ergibt, wenn jeder sich seine eigene Moralvorstellung “zusammen basteln” könnte bzw. dürfte. Denn wenn nicht einmal die elementaren Grundprinzipien der Sittlichkeit durch eine höhere und für alle Menschen gleichermaßen verbindliche moralische Instanz legitimiert würden, würde man Tür und Tor für jede Art von “moralischen” Eigenmächtigkeiten öffnen und letztendlich jedem Menschen das Recht zubilligen, nach eigenen “moralischen” Vorstellungen zu handeln. Dann wären - logisch zu Ende gedacht - nicht einmal Mord, Raub und Betrug allgemein verbindlich als Unrecht zu klassifizieren!
Des weiteren unterstreicht die katholische Kirche mit ihrem Absolutheitsanspruch, dass allein Gott (und eben kein König oder irgendein Parlament oder ein sonstiges gesellschaftlich-politisches Gremium!) diese höhere moralische Instanz sein kann! Und zwar Gott, den der Mensch kraft seines Verstandes als das absolute Wesen erkennen kann, und der dann in der konkreten Menschheitsgeschichte in Jesus Christus Mensch geworden ist und zu unserem Heil Sein eigenes Leben für uns hingegeben hat!
Und weil eben die katholische Kirche in diesem Jesus Christus den einzigen göttlichen Erlöser er- und anerkennt, ist es nur logisch, dass sie dann alle Religionen, die eben nicht Jesus Christus als den wahren Sohn Gottes predigen, als falsche und eben nicht als vom wahren Gott kommende Religionen bezeichnet. Das hat nichts mit einer etwaigen Verachtung dieser Menschen zu tun - es ist im Gegenteil Ausdruck der aufrichtigen Liebe der katholischen Kirche mit den Menschen, die noch nicht die Wahrheit Jesu Christi erkannt haben. “Die Juden fordern Wunderzeichen, die Griechen suchen Weisheit. Wir aber predigen Christus, den Gekreuzigten: für die Juden ein Ärgernis, für die Heiden eine Torheit; für die aber, die berufen sind, ob Juden oder Heiden, Christus als Gottes Kraft und Gottes Weisheit.” (1 Kor 1,22-24)
Die Kirche will, dass die Menschen - bildlich gesprochen - unbedingt festen Boden unter den Füßen bekommen und eben nicht etwa auf äußerst wackeligen oder sogar ausgesprochen kranken Beinen stehen. Das ist doch ein echter Liebesdienst an der Menschheit, der nicht nur keinen Tadel, sondern darüber hinaus eigentlich sogar ein ausdrückliches Lob verdient! Oder soll es etwa ebenfalls ein Unrecht bzw. “diskriminierend” sein, wenn die Eltern ihre Kinder vor Irrwegen oder falschen Freunden warnen bzw. sie für ihre nennenswerten Fehler tadeln?
Schlussendlich betont die katholische Kirche mit ihrem Absolutheitsanspruch auch, dass Jesus Christus nur eine Kirche gegründet hat, die nur und ausschließlich auf dem Boden des apostolischen Glaubens stehen kann! Und wenn dann all die Protestanten und sonstigen Irrenden diesen Boden des überlieferten apostolischen Glaubens verlassen haben oder sich sonst irgendwie von der katholischen Kirche, der Kirche Jesu Christi, getrennt haben, wie können sie denn dann irgendein Lob, irgendwelche Hochachtung oder eine bestimmte Anerkennung von ihr erwarten? Dann muss eben - ebenfalls aus aufrichtigem Mitleid mit den Irrenden bzw. Irregeführten - wahrheitsgemäß gesagt werden, dass sie leider keine aktiven Glieder der Kirche sind! Denn wenn der Katholizismus das nicht tun würde, würde er nur zum Ausdruck bringen, dass er weder an der Wahrheit grundsätzlich noch an der Lehre Jesu Christi am ewigen Heil der Menschen interessiert sei.
Gründe für den Kirchenhass. Wir leben heute in einer Gesellschaft, in welcher “Gott” lediglich eine leere Floskel ist, welche jeder nach dem Prinzip des Liberalismus selbst und nach eigenem Geschmack mit persönlichen Inhalten füllt. Und auch das nur, wenn es hoch kommt. Man möchte sein und leben, wie es einem beliebt - letztendlich unabhängig von irgendwelchen unabänderlichen moralischen Normen oder allgemeinen Verbindlichkeiten. Zwar ist diese Haltung noch nicht auf allen Gebieten bis ins letzte Extrem ausgeprägt, aber die bereits vorliegenden Zeichen der Zeit zeigen ganz deutlich die traurige Tendenz auf, in welche sich unsere Gesellschaft schnurstraks entwickelt - jeder ist sich halt selbst seine eigene höchste moralische Instanz!
Und nun wird man auf welche Weise auch immer mit der unmissverständlichen Lehre des Katholizismus konfrontiert, wonach es sehr wohl eine höhere moralische Instanz gibt (Gott), die absolut ist und somit nicht von irgendeinem Menschen in ihren Forderungen beeinflusst oder manipuliert werden kann. Und allein das ist schon ein gewaltiges Ärgernis für solche Menschen und gesellschaftlichen Kreise, welche spätestens seit der Französischen Revolution die Freiheit des Menschen und somit letztendlich auch seine völlige Unabhängigkeit von irgendwelchen absolut verpflichtenden Normen auf den Sockel der Anbetung gestellt haben! Es ist verständlich, dass einer liberalen Gesellschaft, die die Freiheit des Menschen über alles stellt, Gott als ein absolutes Wesen nicht willkommen ist und somit auch als ziemlich unbequem erscheint. Das ist lästig, das will man auf keinen Fall haben.
Wen wundert es dann, dass man in der Folge in strategischer Weise alles unternimmt, um den Katholizismus als solchen zu diskreditieren, damit er einem halt kein schlechtes Gewissen mehr macht - kein Stachel mehr ist. Wie schön, dass es doch im Mittelalter Hexenverbrennungen gab, dass Frauen (wenn auch aufgrund grundsätzlicher Überlegungen) nicht zum Weihepriestertum zugelassen werden können, dass einige vergleichsweise wenige Priester Kinder missbraucht haben - Hauptsache, man schlachtet all das im eigenen Sinn aus. Ob die betreffenden Zahlen und Statistiken den tatsächlichen Realitäten entsprechen und die Relationen stimmen, interessiert da nicht entscheidend. Und wie herrlich, dass man auf den katholischen Klerus wegen seiner Zölibatsverpflichtung “einprügeln” kann - da kann man doch mächtig Stimmung machen.
Man werfe einen Blick auf die heutige so genannte EKD (“Evangelische Kirche Deutschlands”). Sie stellt für die Medienbosse und deren Hintermänner überhaupt keine “Gefahr” dar, weil da alles nur relativ und nichts so richtig eindeutig und bestimmend ist. Lebt jemand in “wilder Ehe” oder hat eine ganz lockere sexuelle Beziehung - absolut kein Problem; will sich jemand (trotz gültiger erster Ehe) scheiden lassen - man “segnet” diese Beziehung sogar auch noch selbst mit “Hochachtung” ein; entscheidet sich jemand für eine Abtreibung - man zeigt “Verständnis” und spricht neutral von einem “Schwangerschaftsabbruch”; möchte jemand seine Homosexualität ausleben - wo sei denn das Problem? Nur nicht anecken, nur kein Profil zeigen, nur kein Ärgernis erregen.
So wischi-waschi sieht es bei den Lutheranern auch in Bezug auf grundsätzliche theologische bzw. christologische Glaubensaussagen aus. Da wird nichts unmissverständlich allgemeinverpflichtend formuliert. Woher denn auch, da sich ja laut einer ausdrücklichen Aussage Luthers jeder Christ selbst sein eigener Pfarrer, Bischof und Papst sei! Dieser Protestantismus passt sich voll und ganz der Definition von “Religion” an, die von den liberalen und antikatholischen Medien, sprich von der Loge, vorgegeben wird.
Nur der Katholizismus, der macht da “Ärger”. War er schon immer im Laufe der Geschichte die große und einflussreiche Institution, die sowohl unmissverständlich auf die Absolutheit der Wahrheit und somit Gottes hingewiesen hat als auch die moralischen Grundsätze keinem Relativismus unterworfen sehen wollte! Und auch wenn die “Konzilskirche” seit ihrem Entstehen gerade den Absolutheitsanspruch des christlich-katholischen Glaubens praktisch aufgegeben hat und meistens nur tiefe Verneigungen vor dem modernen Geist des Liberalismus und den nichtchristlichen Religionen macht, lassen die Medienbosse speziell auch in der Kritik dieses modernen “Katholizismus” kaum nach, um dem modernistisch-“katholischen” Verein wohl noch mehr Kompromisse zu entlocken, um da möglichst auch noch die letzten Reste des gesund-katholischen Glaubensgeistes zu vernichten.
Der wahre Katholizismus kann sich aber nur Jesus Christus, dem göttlichen Erlöser, verpflichten und Sein Königtum verkünden. Denn nur Er ist der menschgewordene wahre Gott, der den Menschen die (absolut geltende) Wahrheit und das wahre Heil der Seele gebracht hat. Ihn, “den Gekreuzigten” zu predigen, ist ihre Mission - ob sie nun dafür Lob und Anerkennung erntet oder, so wie heute, eher mit Spott und Verachtung überschüttet wird. Letztendlich erfüllt die wahre katholische Kirche durch ihre Mission der Aufklärung einen heilsamen Dienst an der Menschheit, weil nur in der Wahrheit Christi auch die zahlreichen tiefen Wunden an denen die Menschheit leidet, geheilt werden können!
So ermuntert der hl. Apostel Paulus auch uns, tapfer in der Treue zur Lehre Jesu Christi und der katholischen Kirche zu verbleiben und sich davon durch keine Kritik deren Gegner irreführen zu lassen: “Ich beschwöre dich vor Gott und Jesus Christus, dem einstigen Richter der Lebendigen und der Toten, bei Seiner Wiederkunft und bei Seinem Reiche: Verkündige das Wort! Tritt dafür ein, sei es gelegen oder ungelegen. Überführe, weise zurecht und ermahne mit aller Geduld und allem Geschick. Denn es kommt die Zeit, da man die gesunde Lehre unerträglich findet und sich nach eigenem Sinn Lehrer über Lehrer sucht, um sich einen Ohrenschmaus zu verschaffen. Der Wahrheit verschließt man das Ohr und ergötzt sich an Fabeln. Du aber bleib in allem besonnen. Trage die Leiden. Vollzieh die Aufgabe als Verkünder der Heilsbotschaft. Versieh voll und ganz deinen Dienst!” (2 Tim 4,1-5)

P. Eugen Rissling

1 Wir unterscheiden hier vorerst nicht zwischen der wahren Katholischen Kirche, die in Treue zu ihrer apostolischen Tradition steht, und der so genannten “Konzilskirche”, die nach 1958 mehr oder weniger mit vielem davon gebrochen hat, zumal ja auch die betreffenden Kritiker des Katholizismus eine solche Unterscheidung in der Regel ebenfalls nicht machen.

 

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